Manfred Giebenhain schreibt im Auftrag der IVO über aktuelle Entwicklungen und Themen der Odenwälder Wirtschaft. Viele Beiträge erscheinen im Newsletter.
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1950 – 2020: 70 Jahre Industrievereinigung Odenwaldkreis
Ein Unternehmerverband ohne hauptamtliches Personal und erst seit ein paar Jahren organisiert als Verein? Vor 70 Jahren, bei der Gründung der Industrievereinigung Odenwaldkreis (IVO), interessierten solche Fragen niemanden. Als die führenden Köpfe der größten Unternehmen im damaligen Kreis Erbach entschieden haben, ihrem bis dahin losen Austausch eine verbindliche Struktur zu geben, sah die Welt noch ganz anders aus. Vieles hat sich seitdem verändert und treu geblieben ist die IVO sich auf vielen Gebieten, so auch in diesem Punkt: Heute vertritt sie die Interessen von nahezu 200 Unternehmen, die zusammen mehr als die Hälfte der versicherungspflichtigen Beschäftigten in Vollzeit stellen, und kommt trotzdem ohne eigenes Personal aus.
Ganz so ist es doch nicht und um bei der Wahrheit zu bleiben, hat die IVO seit dem überraschenden Tod ihres langjährigen ehrenamtlichen Geschäftsführers Hermann Braun im Juni 2015 zwangsläufig, aber auch aus der Überzeugung heraus, sich den Anforderungen der Zeit zu stellen, seine Organisationsstruktur professionalisiert. Seitdem verfügt die IVO in Bad König über eine eigene Geschäftsstelle, die stundenweise mit einer bezahlten Verwaltungsmitarbeiterin besetzt und erreichbar ist. Deutlich verändert haben sich auch die Themen, die bei der IVO ganz oben auf der Agenda stehen; geblieben ist „unser Anspruch als Ideen- und Chancengeber für die Odenwälder Wirtschaft im respektvollen Austausch mit der Politik und den Schulen. Wir drängen uns nicht auf, reden niemanden nach dem Mund und setzen Themen, von denen wir überzeugt sind“, fasst der stellvertretende Vorsitzende Rudolf Burjanko (Erbach) zusammen.
Für das über Jahrzehnte hinweg gewachsene Verhältnis zu den weiterführenden Schulen des Odenwaldkreises stehen Großveranstaltungen wie die Odenwälder Berufs- und Informationstage (OBIT) und der Odenwälder Studien- und Berufsinformationstag (Osbit). Diese Termine sind Jahr für Jahr bei Unternehmen und Schulen im Jahreskalender gesetzt. Der Mix aus Plattform der beruflichen Vielfalt, Börse des Kennenlernens und Kontaktpflege zwischen Betrieben, Schulen und Schülern hat sich bewährt, zu neuen Kooperationen geführt und Ideen für ähnliche Veranstaltungen hervorgebracht. Statistiken über die exakte Anzahl an darüber geknüpften Kontakten, Vermittlungen und abgeschlossenen Ausbildungsverträgen werden nicht erstellt, machen die Verantwortlichen der IVO deutlich, dass es ihnen nicht darum geht, sich selbst auf die Schultern zu klopfen. Ohne zu übertreiben, liegen die quantitativen Erfolge im vierstelligen Bereich, nennen sie eine Größenordnung.
Wert legen an dieser Stelle Walther und Burjanko darauf, den Blick etwas näher auf die Netzwerkpartner zu werfen, die einen wesentlichen Beitrag für die gleichbleibende Qualität und Kontinuität leisten. Nicht ohne Grund beginnt die Aufzählung mit der Odenwald-Regionalgesellschaft und seinem Wirtschaftsservice, gefolgt von renommierten Bildungsträgern wie IHK, Volkshochschule und Odenwald-Akademie. Wie und dass „Die Stimme der Wirtschaft“ gefragt ist, bildet sich vielerorts ab. So steht Walther Kraft seines Amts dem OREG-Wirtschaftsbeirat vor und ist Mitglied des Beirats der Odenwald-Akademie. „Auf Betreiben der IVO ist der Odenwaldkreis der Standortmarketinggesellschaft Frankfurt Rhein Main GmbH beigetreten und hat darüber sein Profil als Wirtschaftsstandort deutlich schärfen können“, nennt Walther die wichtigste überregionale Positionierung. Auf der Suche nach geeigneten Flächen habe sich seitdem die Wahrnehmung ausländischer Investoren geändert. Auch Flächen, die weiter entfernt von Autobahnauffahrten liegen, seien interessanter geworden. Auch hier ist Walther zusammen mit dem IVO Geschäftsführer Christian Mühlhäuser Mitglied des Beirats.
IVO definiert Themen
Parteipolitisch unabhängig, aber nicht unpolitisch geht die IVO an die Themen heran, die aus Reihen der Mitglieder an sie herangetragen werden oder „bei klarer Betrachtung auf der Hand liegen“, wie Vorsitzender Jürgen Walther am Beispiel des angestrebten vierspurigen Ausbaus der B 45 zwischen Groß-Umstadt und Dieburg klare Positionen der IVO definiert. Für einen Landkreis ohne eigene Autobahnanbindung spielen Straßenverläufe in die Zentren auch außerhalb der Kreisgrenzen eine bedeutende Rolle für den Wirtschaftsstandort. Die Forderung hat etliche Unterstützer auf den Plan gerufen und hat nicht zuletzt deswegen dazu geführt, dass Abhilfe in Aussicht gestellt wurde. Angestoßen hat das Thema die IVO, will Walther nicht unerwähnt lassen. Als große Chance für die Zukunft favorisiert der Verband auch einen Hochschulstandort im Odenwald. Entsprechende Gespräche in Wiesbaden und Darmstadt laufen bereits und stimmen optimistisch. In solch schwierigen Verhandlungen spielen die regionalen Akteure sich die Bälle zu und können sich auf die Unterstützung der Kreisspitze verlassen. Sie wissen es: Anders würden die Interessen des bevölkerungsschwächsten Landkreises in den politischen und wirtschaftlichen Zentren nicht das erforderliche Gehör finden. Sie wissen auch und sind sich einig darin, dass es bei der Entwicklung des Landkreises vorrangig darum geht: das Interesse von jungen Menschen am Odenwald zu steigern und sie dazu zu bringen, nicht abzuwandern, Fachkräfte und deren Familien in die Region zu locken und nicht zuletzt die Attraktivität für Neuansiedlungen von Unternehmen zu steigern.