In sieben Etappen führt ein neuer Wanderweg durch die Alpen, der sich zunehmender Beliebtheit erfreut. Auf leichten bis mittelschweren Wegstrecken kommt der Wanderer, ausgehend vom Tegernsee, nach sieben Tagen in Sterzing in Südtirol an. Wer jetzt mit Training beginnt, ist im Frühjahr allemal fit für den Versuch.

Mit leichtem Gepäck wandert es sich leichter, besonders dann, wenn der Weg über die Alpen führt. Auf der Alpenüberquerung, von der hier die Rede ist, ist es aber nicht zwingend erforderlich, den Luxus eines Gepäcktransfers von Hotel zu Hotel in Anspruch zu nehmen. Entschieden wird die Frage vielmehr davon, wie es um die eigene Kondition steht, und natürlich vom Preis.

Die Rede ist nicht vom legendären Europäischen Fernwanderweg 5, der Strecke von Oberstdorf nach Meran, auf den sich wirklich nur Bergwanderer mit alpiner Ausrüstung und Hochgebirgserfahrung begeben sollten. Auch im Vergleich zur München-Venedig-Route, für die 28 Tage veranschlagt werden, ist diese Alpenüberquerung nur eine Soft-Version. Aber genau darin liegt der Reiz, wie Matthias Hofmann von der Arge Weitwandern (Innsbruck) erklärt: „Die Wanderung ist so angelegt, dass auch der wenig geübte Wanderer, sofern er über ein gewisses Maß an Grundausdauer verfügt, diese absolvieren kann. Dies stellt auch den Hauptunterschied zu sämtlichen anderen Alpenüberquerungen dar, die konditionell und technisch einen viel höheren Anspruch haben.“

In der Tat handelt es sich bei der von dem Innsbrucker Alpenkenner Georg Pawlata ausgearbeiteten Streckenführung um eine echte Alternative für erfahrene Mittelgebirgswanderer, die am dafür passenden Schuhwerk nicht sparen und das Geübte auf eine neue Herausforderung übertragen möchten. Es geht immer dem „Ü“ nach, einer hellen Markierung auf dunklem Untergrund. Je weiter man nach Süden kommt, macht sich allerdings die Beschilderung rar, was bei so mancher Weggabelung Rätsel aufgibt. Der Wanderer sollte daher unbedingt eine Tourenkarte und die Etappenbeschreibung griffbereit haben oder die Wegführung über sein Smartphone verfolgen.

Bequemes Hotel oder Massenquartier

Eine gewisse Schwindelfreiheit gehört ebenso dazu wie die Ausdauer, an einem Stück mal 800 Höhenmeter und mehr auf steinigem Untergrund und auf schmalen Waldpfaden zu überwinden. An drei Tagen werden immerhin 2000 Meter und höher erreicht. Nach der Rast auf einer Almhütte, die Getränke und Speisen zur Stärkung anbietet, geht es danach wieder den Berg hinunter bis zum nächsten Etappenziel. Dazwischen liegen bis zu sechs Gehstunden, die sich um stellenweise nicht zu unterschätzende Zeiten für Bus- und Bahnverbindungen erhöhen können, bis das Hotel in Sichtweite gelangt.

So unterscheiden sich die Etappen von Tag zu Tag und werden durch eine Gondelfahrt zum Spieljochpass und der optional angebotenen Ruderfähre auf dem Tegernsee um weitere Abwechslungen bereichert. Nach Angaben des Reiseveranstalters Sportive Reisen (Rottach-Egern) kommen so bis zu 114,5 Kilometer zusammen, dies auf einer Gesamtstrecke von rund 180 Kilometern. Tatsächlich kann das reservierte Hotel am anderen Ende des flächenmäßig großzügig auseinandergezogenen Bergstädtchens liegen, was schnell etliche Kilometer Fußmarsch mehr bedeuten. Die Wege lohnen sich, denn der Vorzug einer Hotelübernachtung vor dem Massenquartier in der Berghütte zählt zu den Qualitäten einer „Genusswanderung“.

Alles in allem etwas „für normal geübte Wanderer problemlos bewältigbar“, wie der Prospekt verspricht? Durchaus. Das trifft auch für die kostengünstigere Variante zu, bei der auf den Gepäcktransfer verzichtet wird. So oder so gehören eine wetterfeste Jacke gegen Wind und Regen in den Rucksack, ebenso wie eine Kopfbedeckung und Creme gegen die Sonneneinstrahlung, um auf den schattenlosen Bergraten den Strahlen nicht gänzlich schutzlos ausgeliefert zu sein. Solche Höhenrücken führen zum Rauhenkopf, dem Arbiskopf oder zum Pfitscherjochhaus und zählen zu den schönsten Momenten auf dem gesamten Weg.

Hoch über der Baumgrenze schlängelt sich der Weg von einem Gipfel zum nächsten und führt über zerklüftetes Gestein, um gleich darauf wieder auf weichem Waldboden Entlastung zu bieten. Auf dem Mitterwandskopf hat der Wanderer mit 2280 Metern den höchsten Punkt der Alpenüberquerung erreicht. Demut vor der grandiosen Schöpfung empfindet jeder, der den Rundblick über die als endlos wahrgenommene Bergwelt genießen darf.

Am Fluss entlang ohne Steigung nach Kreuth

Die erste Etappe von Gmund nach Kreuth dient dem Warmlaufen. Über den Tegernseer Höhenweg geht es rechts des Sees entlang bis zur Stadt Tegernsee, einem klassischen Badeort mit Kurpark. Wer möchte, nimmt die Ruderfähre nach Rottach-Egern. Die Wege treffen sich wieder an der Südspitze des Sees. Entlang der Weißach endet die erste Etappe in Kreuth, ohne dass nennenswerte Höhen zu bewältigen waren.

Am nächsten Morgen folgt nach wenigen Kilometern Wildbad Kreuth, das alljährlich in den ersten Januartagen als Tagungsort der CSU für mediale Aufmerksamkeit sorgt. Ein Schild verrät, dass Franz Josef Strauß dort seinen Wohnsitz hatte. Es folgt der wohl härteste Anstieg von 850 Höhenmetern, der zunächst stetig bergauf im dichten Wald über knorrige Wurzeln führt, um auf 1550 Metern anzukommen. Unterhalb des Schildensteins führt der Weg in einer breiten Senke, fast unbemerkt, über die Landesgrenze nach Österreich. Bald darauf folgt die Hütte auf der Blaubergalm, in der sich Wanderer und Mountainbiker mit deftigen Speisen aus der Region stärken können. Der Abstieg ist weniger spektakulär und führt über einen befestigten Forstweg, der sich serpentinenartig über 800 Höhenmeter parallel eines Gebirgsbachs bis nach Achenwald erstreckt.

Die letzten Kilometer bis zum Tagesziel Achenkirch werden mit dem Linienbus zurückgelegt. Anfangs täuscht der Weg noch eine gewisse Gemütlichkeit vor, der entlang des linken Ufers des Achsensees die dritte Etappe bis nach Maurach oder Fügen vorgibt. Ohne die in Felsen befestigten Handläufe hätte so mancher Wanderer große Schwierigkeiten, extrem schmale Pfade und die seinigen An- und Abstiege sicher zu bewältigen. 200 Höhenmeter rauf und runter können unter diesen Umständen auch beschwerlich werden. Hier mache es sich besonders bemerkbar, ob auf dem Rücken nur das Notwendigste für den Tag oder acht bis zehn Kilogramm Gesamtgewicht lastet.

Maurach, Fügen und Mayrhofen stehen für die Stationen im Zillertal. Von etwa 500 Metern geht es mit der Spieljochbahn hinauf auf 1862 Meter zur Bergstation. Die Wanderung auf dem Bergkamm zum Spieljochgipfel, dem Onkeljoch (2066 Meter Höhe), zur Gartalm und über den Loassattel bis nach Hochfügen bieten einen Vorgeschmack auf das, was den Wanderer am nächsten Tag erwartet. Im Ohr bleibt das Läuten der Kuhglocken, das als beruhigendes Geräusch den Anstieg begleitet. Bis der höchste Punkt der Wanderung, der 2280 Meter hohe Mitterwandskopf, erreicht wird, sind kräftezehrende 700 Höhenmeter am Stück zu bewältigen.

Zwischendurch auch mal im Linienbus

Nach der Rast in der Rastkogelhätte (2117) geht es noch einmal steil hinauf auf einen Bergkamm, der den Rauhenkopf (2268) mit dem Arbiskopf (2133) verbindet. Die sechste Etappe, die zum Schlegeisspeicher und zur Lavitzalm führt, besteht aus einem nicht minder anspruchsvollen Anstieg auf ähnliche Höhen. Kurz vor dem Pfitscherjochhaus (2275) steht der Grenzübertritt nach Italien. Dazwischen liegen zwei Fahrten mit dem Linienbus über die engen und kurvenreichen Straßen, um den dazwischenliegenden Höhenunterschied von über tausend Metern zum Zillertal zu überwinden.

Vergleichsweise gemächlich geht die Alpenüberquerung im Pfitschtal zu Ende. Es ist nicht nur die Beschilderung, die immer spärlicher ausfällt. Auf den letzten 20 Kilometern von St. Jakob bis zum finalen Etappenziel Sterzing (Vipiteno) muss der Wanderer weit über Gebühr auf einer Landstraße ohne Seitenstreifen gehen, bis wieder Wald- und Forstwege zur nördlichsten Stadt Italiens führen. Schon von weitem macht der 46 Meter hohe Zwölferturm Lust auf das gotische Ortszentrum und die malerischen Hausfassaden, die das Stadtbild der Alpinstadt prägen. „Insgesamt schätzen wir, dass in diesem Jahr bisher mehr als tausend Wanderer die Alpen auf dem Weg vom Tegernsee nach Sterzing gegangen sind, davon mehr als die Hälfte mit Gepäcktransport“, sagt Hofmann und konstatiert eine gestiegene Nachfrage.

Die Etappen

Die Etappen der Tour führen von Gmund am Tegernsee nach Wilbad Kreuth, von Kreuth nach Achenkirch, von dort nach Maurach am Achensee, von Maurach nach Fügen/Spieljoch – Hochfügen, von dort nach Mayrhofen, dann nach Schlegeis und Kematen im Pfitschtal. Die letzte Etappe führt dann nach Sterzing in Südtirol.

Internet: www.die-alpenüberquerung.com

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