Wo die gute schwäbische Küche auf das passende Ambiente trifft

Die Kleinstadt Schwäbisch Hall besticht durch ihre Symbiose aus Kulinarik, Kultur und verkehrsberuhigter Altstadt.

Wer in einem der rund drei Dutzend Gaststätten von Schwäbisch Hall ein „Mohrenköpfle“ zu Schweinebraten vom schwäbisch-hällischen Landschwein mit Kartoffelklößen und Apfelrotkohl bestellt, kann sich der guten Laune des Gastwirts sicher sein. Bereits seit 1724 wird am Ufer des Kochers in der Löwenbrauerei-Gaststätte das mild gehopfte Landbier ausgeschenkt, dessen Namensgebung einer besonderen Erklärung bedarf. Dank seiner rot-gelben Farbe und seines vollmundig würzigen Geschmacks zählt der lokale Gerstensaft zu den Dunkelbieren, was den Vergleich mit der schwarz gefleckten Schweinerasse zulässt. Und da kein Schwein rund um und in Hall ohne Flecken im Gesicht zur Welt kommt, gleicht die Bezeichnung der Biersorte einer Liebeserklärung an das borstige Haustier, dessen Zucht auf das Jahr 1925 zurückgeht. Zwischendurch vom Aussterben bedroht, erfreut sich die 1984 wieder belebte Zucht heute dank ihrer ohne Masthilfsstoffe auskommenden Fütterung großer Beliebtheit.

Die Brautradition von Schwäbisch Hall geht sogar in das Jahr 1603 zurück. Im 18. Jahrhundert wurden hier bereits rund zwei Dutzend Brauereien gezählt, die größtenteils über eine kleine Schankwirtschaft verfügten. Anfang des 20. Jahrhunderts waren es nur noch 14. In den Sommermonaten ziehen es viele Gäste vor, bereits zu früher Abendstunde gestärkt das Lokal zu verlassen. Wenn an mehreren Tischen zur selben Zeit die Bedienung um die Rechnung gebeten wird, liegt die Antwort zur üblichen Frage „Gehen Sie auch auf die Treppe?“ auf der Hand. Drei Monate lang richten sich an nahezu jedem Abend alle Augen auf die steile Treppe, die hinauf zur Kirche St. Michael führt. 1925 als „Jedermann-Festspiele“ vom damaligen Direktor des Haller Kurtheaters Robert Braun gegründet, zählen seitdem großes Theater, Dramen und Tragödien, Lustspiele, Musicals und Revuen zum kulturellen Höhepunkt der ehemaligen freien Reichsstadt. Das Besondere: Bei den Freilichtspielen Schwäbisch Hall bleiben die Stufen den Schauspielern vorbehalten. So wird die Treppe vor der stattlichen romanisch-gotischen Kirche zur Bühne mit mehreren Ebenen und wechselnder Illumination. Die Zuschauer nehmen Platz auf dem historischen Marktplatz, der von prächtigen Renaissancehäusern, dem barocken Rathaus und bis zu sechs Geschossen zählenden Fachwerkbauten umrundet wird. 

Beiderseits des Kochers, die dank ihrer Inseln und dem angrenzenden Stadtpark die Stadt wie ein blau-grüner Gürtel in zwei Hälfte zerteilt, hangeln sich eng aneinandergereiht die Häuser der Altstadt die Hügel hinauf. Dazwischen laden größtenteils verkehrsberuhigte Gassen zum Shoppen in kleinen Geschäften oder zum Flanieren auf den von zahlreichen Cafés gesäumten größeren Straßen in der Fußgängerzone ein. Hall, wie die Kleinstadt von 1802 bis 1934 offiziell hieß und noch heute gerne so genannt wird, bietet sich geradezu dazu an, zu Fuß zu erkunden. Auf der Höhe der Johanniterkirche zeigt sich das Altstadtpanorama auf der gegenüberliegenden Stadthälfte von seiner schönsten Seite. Auf der Mauerstraße begleiten wir einige hundert Meter den Kocher, um kurz nach der Löwenbräu-Gaststätte über eine alte Holzbrücke, den „roten Steg“, auf die Insel Unterwöhrd zu wechseln. Hier befindet sich auch das neue, 2019 in Betrieb genommene, Haller Globe Theater. Etliche Wehre und Wassertreppen verwandeln den Kocher auf dieser Höhe in einen reißenden Fluss. Über eine weitere Brücke und etlichen Treppenstufen nähern wir uns am anderen Ufer dem Hällisch-Fränkischen Museum, das von der Ur- und Frühzeit an die Kunst- und Kulturgeschichte der Stadt bis in die Gegenwart abbildet. 

Das Museum, ebenso wie der achteckige Haal-Brunnen und andere Zeugnisse erinnern ebenso an die 2500 Jahre alte Geschichte der Salzsiederei, die an diesem Ort bereits die Kelten betrieben haben. Die wohltuende Wirkung des Salzwassers lässt sich noch heute im modernen Solebad mit seinen fünf Wasserbecken, einer Saunawelt und in der Salzgrotte genießen. Wieder zurück auf der Westhälfte, der Weilervorstadt, lohnt sich ein Abstecher in die Kunsthalle Würth, die für ihre Sammlungen der modernen Kunst bekannt ist. Das bekannteste klassische Kunstwerk, die fast 500 Jahre alte „Schutzmantelmadonna“ von Hans Holbein der Jüngere, kann in der Johanniterkirche besichtigt werden.

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