Auf respektvollem Abstand zur unberührten Natur
Natürlich ist das Storchenpaar ein beliebtes Fotomotiv, das seinen angestammten Platz auf dem Dach der Teichscheune als Brutstätte gewählt hat. Wer etwas Glück und Geduld hat, bekommt sie beide zusammen auch mal aufrechtstehend in voller Größe zu sehen. Die meiste Zeit ist einer von beiden Weißstörchen mit der Nahrungssuche beschäftigt, während der andere sich dem Ausbrüten der drei bis fünf Eier widmet. Bis am Reinheimer Teich die Küken für neue Aufregung sorgen, vergeht allerdings noch einige Zeit. Die Brutzeit beträgt meist 33 oder 34 Tage.
Weitaus mehr spielt sich im Schutz der dichten Schilfkolonie ab, die weite Teile des Naturschutzgebiets bedeckt. Wer sich auf dem rund drei Kilometer langen beliebten Rundweg um das etwa 70 Hektar große Areal begibt, bekommt besonders die vielen Stockenten, Krickenten und Graugänse zu Gesicht. Aber auch der Graureiher verschwindet nach erfolgreicher Nahrungssuche wieder im Dickicht, das noch die blassen Farben des Winters trägt. Am Himmel vollführt ein Rohrweihe-Pärchen eine spektakulär wirkende Beuteübergabe.
Wechselhafte Zeiten hat das ungewöhnliche Fleckchen Erde hinter sich, das zwischen der Landstraße von Habitzheim nach Spachbrücken und dem Segelflugplatz von Reinheim liegt. Seit 1975 darf das von zwei Teichen und flachen Wiesen geprägte Gebiet von Unbefugten nicht mehr betreten werden. In den Feuchtwiesen, Gehölzbeständen und ausgedehnten Schilfröhrichten bilden 224 Pflanzenarten die Lebensgrundlage und Nahrungsquelle von über hundert Vogel-, 16 Heuschrecken- und 21 Libellenarten. Zwölf Fischarten und sechs Amphibienarten sind hier zuhause. Auch unter den rund 90 Laufkäferarten und 120 verschiedenen Spinnen stehen etliche auf der Gefährdungsliste. Graureiher und Schwalben ziehen ihre Kreise über dem Feuchtgebiet. Neben dem breitblättrigen Knabenkraut zählen auch der Erdbeer-Klee, der Sumpf-Löwenzahn und das Sumpfveilchen zu den zwölf dort vorkommenden Pflanzenarten, die auf der Roten Liste als gefährdet eingestuft sind.
Bereits 1625 entstand hier nach dem Erwerb durch Landgrafen Ludwig V. ein Fischteich. Wechselnde Eigentümer und Nutzungsmöglichkeiten mündeten schließlich 1975 in der Anerkennung als Naturschutz- und Flora-Fauna-Gebiet „Untere Gersprenz“. Wer die seltene Pflanzen- und Tierwelt unterstützen möchte, findet auf dem Internetauftritt der Stadt Reinheim den Hinweis, eine Patenschaft für angesiedelte Europäische Sumpfschildkröte zu übernehmen. Radfahrer und Fußgänger haben von mehreren Seiten her Zugang zu den befestigten Wegen, die gut ausgeschildert sind. Reichlich bebilderte Infotafeln wecken die Neugierde, sich mit der Botanik und Tierwelt wie mit der Geschichte des Reinheimer Teichs zu beschäftigen. Zum besonderen Schutz des Gebiets zählt es ferner, die Wege nicht zu verlassen, Hunde nur angeleint mitzuführen und die Tiere nicht zu füttern.
Anfahrt:
Motorisiert erreicht man den Reinheimer Teich am besten über die Landesstraße 3413 von Habitzheim nach Spachbrücken, von der auf halber Höhe eine schmale Abzweigung über eine kleine Brücke zum Parkplatz führt. Radwege aus Dieburg und Groß-Zimmern kreuzen sich mit welchen aus Richtung Darmstadt und Spachbrücken sowie von Fischbachtal und Reinheim.
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