Die historische Heidelberger Bergbahn fährt wie damals auf den 568 Meter hohen Königstuhl

Eine Bergbahn mitten in Deutschland? Es muss kein Hochgebirge sein und auch kein Skigebiet, um auf die Idee zu kommen, Passagiere auf Gleisen auf dem kürzesten Weg einen Berg hinauf befördern zu wollen. Dies dachte sich auch der Stadtrat von Heidelberg und erteilte im Jahr 1888 die Konzession zum Bau und Betrieb einer kombinierten Seil- und Zahnradbahn, um die Innenstadt mit dem Hausberg, dem 568 Meter hohen Königstuhl, zu verbinden. Frühzeitig hat die Stadt am Neckar erkannt, dass sich der einsetzende Touristenstrom hinauf zur Schlossruine durch eine Bergbahn um eine weitere Attraktion bereichern lässt. Zunächst ging es nur um den Abschnitt bis zur Molkenkur oberhalb des Schlosses. So hat es kaum zwei Jahre gebraucht, bis die Heidelberger Straßen- und Bergbaugesellschaft die untere Bergbahnstrecke vom Kornmarkt über das Schloss hinauf bis zur Molkenkur am 30. März 1890 eröffnen konnte. Hier befand sich bis zum 19. Jahrhundert ein Kurort. Heute lädt ein erst vor wenigen Jahren grundsaniertes Hotel zum Verweilen ein.

1905 folgte der erste Spatenstich für den Bau der oberen Bergbahn von der Molkenkur bis zum Königstuhl, wo heute noch etwas unterhalb des Gipfels auf 550 Meter Höhe die Bahnstation steht. 1907 wurde die 1020 Meter lange Strecke in Betrieb genommen, die sich inzwischen als Kulturdenkmal fühlen darf. „Beide Bahnen fahren nun mit elektrischem Antrieb“, beschreibt das Unternehmen stolz die Entwicklung. Auf der unteren Bahn wurde das Zugseil bis dahin per Wasserballast in Bewegung gesetzt, wie es heute in Deutschland nur noch bei der Nerobergbahn in Wiesbaden praktiziert wird.

Etliche Modernisierungsarbeiten haben dazu geführt, dass die untere Bahn heute im modernen Design daherkommt, um vor allem den Besucherandrang binnen zwei Minuten zum Schloss zu befriedigen. Dabei sind zwischen 25 und 38 Prozent Steigung zu überwinden. In die Zeit vor über hundert Jahren zurück versetzt fühlen darf sich aber der Fahrgast, der in der 2. Station in die historische Bahn umsteigt. Mit zwei Meter pro Sekunde geht es fast lautlos in vier alten Holzkabinen steil den Berg hinauf. Wie einst Jahren läutet der Zugführer die Abfahrt mit einem Klingelsignal ein. Die in einem kräftigen Rot gehaltenen vier Kabinen passen sich der Form nach der Steigung von fast 30 Prozent an. 

Der Höhenunterschied von 260,5 Metern wird im Schneckentempo zurückgelegt. Die Fahrgäste nehmen Platz auf einfachen Holzbänken. An den dünnen Fensterchen hängen verschnürte Ledergurte; schwer zu erkennen, ob sie als Haltegriffe angebracht wurden oder um ein Öffnen des Fensters zu verhindern. Nicht nur die vielen Touristen aus Fernost greifen zum Mobiltelefon, um auch die historische Inneneinrichtung abzulichten. Ein nicht minder beliebtes Fotomotiv ist die Bahn, die auf der eingleisigen Strecke talabwärts entgegenkommt. Ein spannender Moment: Es sind nur wenige Meter, wo auf halber Höhe beide Bahnen sich an einer Gabelung aus dem Weg gehen können und für wenige Sekunden beide Bahnen aneinander vorbei fahren. Es folgen die letzten, besonders steilen Meter bis zur Endstation. Der Weg ist das Ziel. Aber auch dieses kann sich sehen lassen. Bei klarem Wetter reicht der Blick weit über Heidelberg und das Neckartal hinaus. 

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